Deutsche Traditionsschiffe in Dänemark
Seit einiger Zeit fahren dänische Schifffahrtsbehörden einen deutlich restriktiven Kurs gegenüber Traditionsschiffen.
Befanden sich hier zunächst vor allem niederländische Fahrzeuge im Focus, so betreffen die Einschränkungen zunehmend auch Traditionsschiffe aller anderen Länder, inklusive Dänemarks eigener Fahrzeuge. Die Forderungen lauten auf strikte Einhaltung der Vorschriften der internationalen SOLAS-Convention, beziehungsweise der Vorgaben der Europäischen Fahrgastrichtlinie 98/18 EG, sofern ein Schiff neben der Stammbesatzung mehr als 12 zahlende Gäste mit sich führt.
Die Vereinbarung des London MoU für Traditionsschiffe werden hierbei von Dänemark nur noch eingeschränkt und für die meisten Fahrzeuge in nicht brauchbarer Weise interpretiert.
In seit einiger Zeit stattfindenden Verwaltungstreffen Dänemarks, der Niederlande und Deutschlands werden Standpunkte und Modalitäten zur Handhabung diskutiert. Interessenvertreter sind auf diesen Treffen leider nicht vorgesehen.
Jedoch bemüht sich die GSHW über ihren Kontakt mit Ministeriumsvertretern und den Interessenvertretungen der Nachbarländer um Einflussnahme für eine praxisgerechte Ausarbeitung von Lösungen.
Weiter unten finden sich einige Ausführungen zu dem Thema aus unser Arbeit.
Eine Problembetrachtung zur aktuellen Haltung des Søfartsstyrelsen zu deutschen Traditionsschiffen
Die Seegewässer Dänemarks sind aufgrund ihrer vielfältigen Schönheit, der Gastfreundschaft ihrer Häfen und durch ihren, besonders im Ostseebereich, weitläufig vorhandenem Seegangsschutz, ein ebenso beliebtes wie geeignetes Ziel für Traditionsschiffe aller Art.
Die Traditionsschiffahrt erhält materielle und ideelle Elemente unseres maritimen Erbes lebendig und trägt mit ihrer Präsenz in vielen Häfen zu einer Belebung des Stadtbildes und der örtlichen Strukturen bei.
Das Anlaufen dänischer Häfen durch diese Schiffe wird neuerdings leider von Seiten der dänischen Schifffahrtsbehörden unter den bisherigen Bedingungen nicht mehr zugestanden, sofern die Anzahl der Gastbesatzung eines Schiffes mehr als 12 Personen beträgt und sie keine Zertifizierung als Passagierschiff nach der SOLAS-Convention nachweisen.
Die SOLAS-Maßgaben sind für Traditionsschiffe jedoch aufgrund ihrer Bauart in vielen Bereichen nicht sachgerecht und nicht umsetzbar.
Auch handelt es sich bei den Gastbesatzungen nicht um Passagiere im herkömmlichen Sinne, da es bei Fahrten auf Traditionsschiffen nicht um den Personentransport, sondern um die Teilnahme am Schiffsbetrieb oder um dessen Demonstration geht.
Das speziell für den europäischen Verkehr dieser Schiffe ins Leben gerufene „Memorandum of Understanding“interpretiert Søfartsstyrelsen auf eine Weise, die es für ausländische Traditionsschiffe wertlos macht.
Dies könnte den Besuch dänischer Häfen durch deutsche Traditionsschiffe in Zukunft auf ein Minimum reduzieren.
Ein wesentlicher Teil maritimen Erbes in Nordeuropa dürfte in der Folge unwiederbringlich verloren gehen, da die dänischen Gewässer für viele der Schiffe unverzichtbarer Teil ihres Einsatzgebietes sind.
Für die bauliche Sicherheit, die Ausrüstung, den Betrieb und die Besetzung von Traditionsschiffen gibt es in Deutschland speziell zugeschnittene Regelwerke, welche die besonderen baulichen und betriebsmäßigen Gegebenheiten dieser Fahrzeuge berücksichtigen. Dies hat keinen Substandard zur Folge, sondern folgt dem Prinzip der Kompensation. Das heißt, dass bei der Unerreichbarkeit eines bestimmten Standards (zum Beispiel Brandschutzvorschriften bei Holzschiffen) angestrebt wird, mit anderen Vorgaben (zum Beispiel durch betriebliche oder ausrüstungstechnische Zusatzanforderungen) ein äquivalentes Sicherheitsniveau zu gewährleisten.
Die GSHW folgert daraus:
- Die dänischen Schifffahrtsbehörden sollten ihre Haltung zu ausländischen Traditionsschiffen im Hinblick auf die Recommendation 1486 des Europarates überdenken.
- Insbesondere der Gültigkeitsrahmen des London MoU 2005 sollte, wie in der Übereinkunft vorgesehen, generell verstanden werden und nicht auf maritime Veranstaltungen begrenzt sein.
- Die benötigten Zeiträume für eine detailgetreue Umsetzung des Memorandums sollten berücksichtigt werden.
- Die betroffenen Schiffsbetreiber und deren Schiffe sollten im Ringen der Behörden der Beteiligten Länder um geeignete Reglementierungen und Zertifizierungen nicht in ihrer Initiative, unser maritimes Erbe lebendig zu halten, behindert werden.
....den ungekürzten Text als pdf
Flensburg Fjord Agreement
Das Agreement wird von der GSHW weder als praxisgerecht noch der Gesamtproblematik angemessen und darüber hinaus als rechtsproblematisch bis hin zu rechtswidrig angesehen. Das Dokument ist nichts desto trotz für alle Interessierten auf der Internetseite veröffentlicht. Ebenfalls einsehbar ist dort unsere letzte Stellungnahme gegenüber dem Verkehrsministerium vor der Unterzeichnung.
Zuständig für die Ausstellung der nötigen Zusatzzertifikate ist die BGV, ggf. in Zusammenarbeit mit den dänischen Behörden.
Appell zur Behandlung von Traditionsschifffahrt in Dänemark und Deutschland vom 05.07.09
Sehr geehrte Damen und Herren,
Als Vertreter des Deutschen Dachverbands für Traditionsschiffe in Fahrt wende ich mich an Sie mit der Bitte, in einer dringenden Problematik im Bereich Seefahrt für uns tätig zu werden. Für Traditionsschiffe und Segelschiffe mit mehr als 12 Gästen an Bord besteht seit Beginn des Jahres 2008 nicht mehr die Möglichkeit, mit ihren nationalen Schiffsicherheitszertifikaten dänische Gewässer zu befahren. Entsprechend dürfen auch dänische Traditionsschiffe ihre Heimatgewässer nicht mehr verlassen, deutsche Gewässer dürfen speziell von niederländischen Traditions- und Segelschiffen nicht mehr benutzt werden.
Der Grund hierfür sind Regelungs-Interpretationen dänischer und deutscher Schifffahrtsbehörden in Bezug auf Traditionsschiffe und Segelschiffe, nach denen für diese Fahrzeuge internationale Passagierschiffszertifikate nach der SOLAS-Convention bzw. der Europäischen Fahrgastschiffsrichtlinie 98/18 EG gefordert werden. Sehen Sie hierzu bitte auch die Anlage 1: „Problembetrachtung - Deutsche Traditionsschiffe in Dänemark“ vom Juni 2008.
Die Weiterbearbeitung des Problems auf Verwaltungsebene brachte seitdem trotz verschiedener Ansätze leider keine Verbesserung unserer Situation und zeigt auch keine geeigneten Perspektiven für die Zukunft auf. Sehen Sie für die aktuelle Sichtweise der betroffenen deutschen Schiffe bitte unseren Brief an die zuständigen Bearbeiter des deutschen Verkehrsministeriums vom 20. März 2009. Er enthält unter anderem Stellungnahmen zum „Flensburg Fjord Agreement“, und der Entwicklung des Londoner Memorandum für Traditionsschiffe (Anhang 2). Er fand, ebenso wie unsere anderen Eingaben zum Thema, leider keine nennenswerte Beachtung innerhalb der abgehaltenen Verwaltungstreffen.
Aus den Niederlanden ist derzeit eine Klage auf europäischer Ebene zur gleichen Problematik anhängig. Seit der Kieler Woche 2009 haben Betreiber von Traditionsschiffen verschiedener Länder damit begonnen, mit Hilfe des Symbols einer schwarzen Flagge mit einem Fragezeichen darin, gemeinsam auf die Beschneidung ihrer internationalen Fahrtmöglichkeiten hinzuweisen.
Sehen Sie sich dazu bei Interesse bitte die zugehörige Internetseite mit den entsprechenden Hintergrundinformationen an. (http://www.blackflag.eu ) Im Anhang 3 dieses Schreibens lege ich Ihnen daraus den Fachbeitrag „Ziele und Lösungsansätze / Objectives and possible solutions“ bei.
Traditionsschifffahrt ist auf die länderübergreifende Fahrt angewiesen, um ihre Konzepte zu verwirklichen und um überleben zu können. Momentan droht große Gefahr, dass dieser beliebte und wichtige Teil maritimen Kulturgutes - lediglich auf Grund seiner Nichtkonformität - unwiederbringlich verloren geht.
Ich bitte hiermit das Folketinget Dänemarks und die Bundesregierung Deutschland, baldmöglichst in dieser Angelegenheit zu neuen Verhandlungen zu gelangen und eine befriedigende Lösung zu erwirken. Für zeitnahe Informationen zu dem sich dazu ergebenden Sachstand wäre ich Ihnen sehr dankbar.
Für Rückfragen stehe ich gerne zu Ihrer Verfügung.
Ich danke Ihnen für Ihre Bemühungen.
Mit freundlichen Grüßen,
Christopher Papperitz
Dokumente zur Dänemark-Diskussion
- Appell zur Behandlung von Traditionsschifffahrt in Dänemark und Deutschland
- BLACKFLAG: Ziele und Lösungsansätze
- Schreiben vom 20.03.09 der GSHW an BMVBS
- Protokoll des Dänisch-Deutschen Treffens von 05.02.09
- Problembetrachtung deutsche Traditionsschiffe in Dänemark vom 10.06.08
- Betreiberinfo III Sommer 2008
- Betreiber Info II Mai 2008
- Betreiber Info I Mai 2008
- Protokoll des Deutsch-Dänischen Treffens 25.09.07
- Flensburg Fjord Agreement
- Brief des EMH an Richard Mason, Ship Safety Section, European Commission